Spiele im Internet zu kaufen, ist einfach

Piraterie ist nicht die Folge einer grundsätzlich fehlenden Zahlungsbereitschaft und einer angeblichen „Kostenlosmentalität“. Ursache ist vielmehr der Mangel an zeitgemäßen, umfangreichen und uneingeschränkt verfügbaren digitalen Angeboten.

So stand es vor ein paar Tagen auf ZEIT Online im Artikel „Filme im Internet zu kaufen, ist zu kompliziert“ (ursprünglich auf netzwertig.com). In dem Artikel werden vor allem fehlende, attraktive Bezugsquellen für Musik, Filme und Serien als ein hauptsächlicher Faktor für Piraterie in diesem Segment beschrieben. Ich musste dabei direkt an den Bereich der PC-Spiele denken und wie sich die Situation dort seit ein paar Jahren für mich und viele die ich kenne ganz anders darstellt.

PC-Spiele und Piraterie

Seit über 20 Jahren spiele ich nun Spiele für den Computer. Angefangen mit einem Commodore 16 plus 4, über einen Amiga 500, bis zum Windows-PC. Raubkopien haben für alle Plattformen seit jeher dazugehört. Noch immer kann man die meisten Spiele spätestens am Erscheinungstag aus nicht legaler Quelle beziehen. Auf meiner Festplatte sind aber nur noch gekaufte Spiele vorhanden.

Seit ein paar Jahren bin ich gar nicht mehr auf den Gedanken gekommen, ein Spiel, das ich spielen möchte, nicht zu kaufen. Ganz im Gegenteil ist es sogar so, dass ich oft Spiele kaufe von denen ich vorher kaum etwas gehört habe. Und vielen Freunden von mir geht es genauso. Der Grund ist ein zeitgemäßes, umfangreiches und (fast) uneingeschränkt verfügbares digitales Angebot von PC-Spielen. Und dieses Angebot kommt in Gestalt der Spiele-Verkaufs- und Community-Plattform Steam der US-Firma Valve daher.

Steam als zeitgemäße Distributionsplattform

Steam war anfangs lediglich als Kopierschutzsystem und als Plattform zur zentralen Verteilung von Spiele-Updates gedacht. Hat sich aber bis heute zu dem wohl größten Onlineshop für PC-Spiele entwickelt und etliche Funktionen integriert, die einem beim Spielen unterstützen. Es ist zwar auch wegen seiner Funktion als Kopierschutz umstritten, zeigt meiner Meinung nach aber beispielhaft auf, wie ein moderner Vertriebsweg für digitales Entertainment aussehen muss. Im folgenden daher die für mich entscheidenden Punkte:

  • Einfache Bezahlmöglichkeit: bei Steam kann ich mit über einem Dutzend verschiedener Verfahren zur Online-Bezahlung mein Spiel kaufen, und nicht nur mit Kreditkarte (etwas das z.B. beim Android-Shop von Google auch nach Jahren noch nicht umgesetzt wurde); auch kann man Freunden über das Steam-System Spiele schenken. Etwas, das nicht nur wichtig ist, wenn man jemandem eine Freude machen möchte, sondern auch um einfach an z.B. die nicht-deutsche Version eines Spieles zu kommen (siehe dazu auch den nächsten Punkt)
  • Übersichtlichkeit: ich sehe sofort, welchen Funktionsumfang ein Spiel hat, welche Sprachen es unterstützt und auf ungewöhnliche Einschränkungen wird deutlich hingewiesen (z.B. nur unter Windows 7 spielbar oder in Deutschland nur als gewaltgeminderte Version vorhanden)
  • Distribution: wenn man ein Spiel gekauft hat kann man es sofort und immer wieder herunterladen

Die bisher genannten Punkte dürfte man für eine Online-Plattform, die Inhalte für den Kunden attraktiv machen möchte wohl als selbstverständlich erachten. Aber die Gründe, warum ich mittlerweile lieber bei Steam ein Spiel kaufe, als im gewöhnlichen Geschäft, gehen darüber hinaus.

  • Funktionalität: ein integrierter (Sprach-)Chat macht es einem einfach, sofort mit den Mitspielern zu kommunizieren; über die gleiche Freundesliste kann man auch in das laufende Spiel eines Freundes unkompliziert einsteigen; bei vielen Spielen kann man aus allen vorhandenen Sprachversionen einfach auswählen (etwas das oft bei Spielen aus dem Laden so nicht gegeben war); Updates für seine Spiele bekommt man schnell und automatisiert
  • Attraktive Preise: auch wenn viele Blockbuster-Spiele oft bei Erscheinen etwas teurer sind als im Laden, ist Steam vor allem wegen seiner vielen Angebote bekannt geworden. Auch deshalb habe ich (und viele die ich kenne) Spiele gekauft, die ich sonst vielleicht eher woanders bekommen hätte
  • Ungewöhnliches Angebot: die großen Blockbuster-Spiele hatte man eh immer auf dem Schirm, aber Steam hat es geschafft, mir viele Spiele näher zu bringen, von denen ich gar nicht oder kaum wusste, die mich aber oft angesprochen haben
  • Integrierte Funktionen: seit einiger Zeit kann man für bestimmte Spiele sogenannte Mods (Erweiterungen und Umbauten eines Spieles, die oft kostenlos zu beziehen sind und von Fans geschaffen werden) direkt über Steam für das jeweilige Spiel finden und installieren; man kann direkt per Tastendruck einen Screenshot machen und auch veröffentlichen
  • Community: 1. man kann sich in den Foren von Steam sehr gut informieren und austauschen, insbesondere wenn man Probleme mit einem Spiel hat (gerade bei PC-Spielen oft wichtig), und das ohne erst in den Untiefen des Netzes nach einem passenden Forum suchen zu müssen. 2. in einer Art Facebook für Spiele tauscht man sich mit seinen Freunden aus, bzw. kann deren Fortschritt bei einem Spiel beobachten. Man kann Screenshots teilen, den Fortschritt des Freundes kommentieren, etc. und so sein Hobby mit anderen teilen
  • ein Kopierschutz der nicht nervt: dies ist oft ein Punkt der für aufgeheizte Gemüter sorgt und es ist auch schon mal vorgekommen, dass das Steam-Netzwerk für einige Stunden offline war und man viele Spiele in dieser Zeit nicht spielen konnte. Aber von den sonstigen vorhanden Kopierschutzsystemen ist Steam eines, dass mir von allen am wenigsten Ärger bereitet hat.
  • Entwicklung: Steam wird oft um Funktionen erweitert, die man nicht als zwingend nötig bezeichnen würde, die sich aber meist nach kurzer Zeit als sehr praktisch erweisen. Im Laufe der Zeit hat sich so bei mir das Gefühl eingestellt, dass die Betreiber von Steam mich als Spieler wahrnehmen und nicht nur als Konsumenten und man einen Mehrwert bekommt, wenn man dort ein Spiel bezieht

Vorbild für den Vertrieb von Musik und Co.?

Ich wollte, ohne auf sicher auch vorhandene Nachteile einzugehen, kurz aufzeigen, warum Steam für mich eines der großen Vorbilder für viele andere Anbieter beim Vertrieb digitaler Inhalte sein sollte. Steam ist einfach, umfangreich, komfortabel und oft preislich attraktiv. Aber gerade die Funktionen, die über den eigentlichen Kauf und Vertrieb des Spieles hinausgehen sind für mich entscheidend dafür, dass ich gerne und viel bei Steam einkaufe. Dieser Mehrwert stellt dann auch einen großen Unterschied zu einer eventuell raubkopierten Version dar.

Insbesondere die neue Funktion zum Bezug von Mods direkt über Steam finde ich überaus praktisch und wegweisend. Man stelle sich vor, man kauft ein Lied über iTunes und damit auch die Möglichkeit dieses in einem kleinen Programm zu remixen. Alle anderen Käufer bekommen dann wiederum z.B. auf einer Übersichtseite automatisch die erstellten Remixe präsentiert. Fan-generierter Content als Verkaufsargument und nicht als Begründung für Websperren!

Steam als Gesamtpaket, so wie es heute ist, dürfte meiner Meinung noch für geraume Zeit der Maßstab für Online-Vertriebsmodelle im Entertainment-Sektor darstellen. Denn auch wenn man die Mehrzahl der Funktionen auch über Drittanbieter oder externe Webseiten bekommt, gibt gerade die Integration all dieser Komponenten den Ausschlag und macht Steam so attraktiv. Ich würde mich freuen, wenn auch die Musik- und Filmindustrie sich da das eine oder andere abguckt.

Anti-ACTA-Demo Berlin

Anti-ACTA-Demo Berlin

Gestern war der in zahlreichen europäischen Städten, und darüber hinaus auch weltweit, ausgerufene Demonstrationstag gegen ACTA. Ich war erstaunt, wie viele dann auch (wie ich in Berlin) gekommen sind. Trotz eisiger Kälte und der Ankündigung aus der Regierung am Tag davor, die Unterschrift erst mal zu verweigern. Ob das Taktik war um die sich abzeichnenden Demonstrationen irgendwie zu schwächen oder einfach aus einem Gefühl der Überrumpelung entstand, angesichts der sich entwickelnden großen Teilnahme, wird sich noch herausstellen. Es war aber sehr ermutigend zu sehen, dass auch bei widrigen Bedingungen solch eine große Anzahl von Menschen bereit war ein Zeichen gegen ACTA und den damit verbundenen, mehr als kritikwürdigen Entscheidungsprozess hinter verschlossenen Türen, zu setzen.

Besonders auffallend war die  große Anzahl sehr junger Teilnehmer. Auf ähnlichen Demonstrationen, wie etwa den jährlichen Zusammenkünften im Rahmen der „Freiheit statt Angst„-Demos“, kann ich mich nicht erinnern, dass der Block der (geschätzt) 16-20-jährigen irgendwie auffiel. Das war gestern aber absolut der Fall und eine der großen Überraschungen für mich. Man darf gespannt sein, wie sich das in Zukunft darstellt. Das zähe Ringen um die Entscheidungshoheit im digitalen Raum dürfte noch lange viele Menschen auf die Straße bringen.

Als ich dann zufällig ein Gespräch einiger der sehr jungen Demonstrationsteilnehmer aufschnappte, war auch schon wieder vom ominösen Bubble Tea die Rede. Ich hab erst vor kurzem erfahren, dass es den überhaupt gibt und dann auch immer nur von unter 20-jährigen davon gehört… ich glaub ich muss den auch mal probieren.

Hier gibs jetzt noch ein paar Aufnahmen vom gestrigen Tag in Berlin. Wer mir einen Bubble Tea ausgeben will, möge sich bitte in den Kommentaren melden :-). Mehr lesen